Ottmanngut Meran

Ottmanngut Meran | Stil bis in die Fingerspitzen

1e62e8392250455cb29be176f93aa1e7Das Ottmanngut in Meran ist ein kleines inhabergeführtes Suite & Breakfast-Hotel, was vor wenigen Jahren umfassend und geschmackvoll saniert wurde.

Vögel zwitschern. Im Garten vor dem Haus sind Schritte zu hören, die vorsichtig über den Kies laufen. Ein leises Tellerklappern. Bis in den zweiten Stock ist zu spüren, dass hier niemand in seinem Schlaf gestört werden soll. So erwacht man sanft im Wasmannzimmer des Ottmannguts in Meran.

Gartenblick Ottmanngut Meran
Gartenblick Ottmanngut Meran

Ich schlage die weiße Bettdecke zur Seite und laufe barfuß über die warmen Holzdielen ins Bad. Der Boden ist sorgfältig geschliffen. Ich  spüre die Dellen im Holz und kann das Alter förmlich fühlen. Die Badezimmertür knarrt. Es ist ein vertrautes Geräusch.

Nachdem die weißen Leinenvorhänge zur Seite geschoben sind, öffne ich die Riegel der dunkelgrünen Fensterläden. Ihre Lamellen können wie früher auf und zugeschoben werden. Ich spiele daran herum. Wie lange habe ich das nicht mehr gemacht.

Am Abend hat es heftig geregnet. Der Blick in den üppig zugewachsenen Garten wirkt beruhigend auf mich.  Die Nachbarhäuser sind hinter viel Grün versteckt und kaum erkennbar. In der Ferne steht der Kirchturm, dessen Glockenschlag nun sanft den Sonntag einläutet. Die Hanfpalmen, welche seit 1878 in Meran angesiedelt sind, Zitrussträucher, Oleander, Hortensien und Lilien schenken dem Garten ein mediterranes Flair. Unter großen hellen Schirmen wartet das Frühstück auf hübsch eingedeckten Gartentischen auf die Gäste des Hauses – also auch auf uns. – Später!

Ich genieße die morgendliche Stille des ehemaligen Gutshauses. Unser Zimmer ist nach Friedrich Wasmann (1805-1886) benannt, einem Hamburger Maler, der den vor mir liegenden Garten bei einem seiner Aufenthalte in Meran gezeichnet hat. Eine Kopie seiner Schaffenskunst hängt gegenüber an der Wand. Blicke aus dem Fenster finde ich später in einigen seiner Werke wieder. Dass er Meran sehr geliebt hat und immer wieder hierher zurückgekehrt ist, kann ich gut verstehen.  Das Mobiliar unseres Zimmers ist im josephinischen Stil gehalten. Wie alle Zimmer des Ottmanngutes prägen wunderschöne Stoffe und Materialien das Ambiente. Einen Fernseher gibt es, weil er vor allem für italienische Gäste unabdingbar in das Zimmer gehört. Dass er unter einem Leinenbezug auf einer Staffelei versteckt ist, spiegelt jedoch den Witz und die Findigkeit der jungen Eigentümer hervorragend wieder. Ansonsten steht für den Gast das typische Meraner Mineralwasser von der Vigiliusquelle bereit. Dass es Zimmertemperatur hat, weil auf einen Kühlschrank verzichtet wurde, empfinde ich nicht als Nachteil. Dafür stehen Gläser auf einem süßen Spitzendeckchen bereit und eine kleine Flasche Wein. Die werden wir später noch genießen…

Die Ursprünge des Ottmannguts liegen im  13. Jahrhundert. Dass es lange Zeit ein landwirtschaftlicher Betrieb war, ist heute kaum mehr vorstellbar. Nur die Weingärten, die sich hinter dem Haus hoch bis zum Meraner Tappeinerweg ziehen und aus denen u.a. der köstliche Wein des Ottmanguts gekeltert wird, erinnern noch daran. Auf der Talseite, wo sich früher Felder befanden, stehen heute Häuser.

Das Haus befindet sich in der vierten Generation im Besitz der Familie Kirchlechner und liegt zentrumsnah, aber verkehrsberuhigt im inneren Stadtbereich von Meran. Die Großmutter der jetzigen Inhaber hat in den heute komplett renovierten Räumen bereits über dreißig Jahre lang Gäste bewirtet. Dass die 86-jährige Dame noch sehr verehrt wird, zeigt das goldgerahmte Bild über dem kleinen Schreibtisch, der als Rezeption dient.

2010 wechselte das Haus in jüngere Hände.  Clemens und Martin Kirchlechner renovierten das Ottmanngut von Grund auf. Neun individuelle Zimmer entstanden, die teilweise mit Originalmöbeln, teils mit Antiquitäten aus der Familie der Inhaber oder auch mit sorgfältig ausgewählten Flohmarktkäufen eingerichtet sind. Viele kleine Details und Zeichen lassen spüren, dass die jungen Männer etwas Besonderes schaffen wollten. Und das ist ihnen mit Bravour gelungen: Kein Zimmer gleicht dem anderen und jedes trägt einen eigenen Namen, der für seinen Charakter steht. Verwinkelt und versteckt sind sie über das gesamte Haus verteilt. Es gibt ein am Tisch serviertes Frühstück mit Zutaten aus der Region und viel individuellen, sehr familiär gehaltenen Service, der den Gästen die Zeit in Meran auf das Angenehmste versüßt.

Zum Ottmanngut gehört ein großer Garten, in dem man nicht nur wunderbar frühstücken, sondern tagsüber auch entspannen kann. Die Gäste können eine Liegewiese benutzen und an heißen Tagen sorgt eine Gartendusche für die nötige Abkühlung. Den Wellnessbereich würde man es vielleicht nennen, würde hier nicht ein unsichtbarer Geist der Literatur wehen.

Die alte Orangerie im Garten des Hauses ist verglast, verwunschen geht es kleine Wege hinauf, denn direkt hinter dem Haus beginnt der Weinberg, aus dem auch der eine oder andere gute Tropfen kommt.

Das Ottmanngut eignet sich vorzüglich für kleine familiäre Feste. Es finden Lesungen, Degustationen, Brunches, Hauskonzerte Ausstellungen und verschiedene andere Veranstaltungen statt. Wer das Suite and Breakfast auf Facebook verfolgt, bekommt eine Übersicht über geplante Veranstaltungen.

Das Ottmanngut ist ein Ort der Tradition, verbunden mit modernen Elementen. Es gibt ein einwandfrei funktionierendes WLAN, auch wenn man sonst nicht auf jeden fahrenden Zug der Neuzeit aufzuspringen scheint. Auf Lifte, Klimaanlagen, Swimmingpool o.ä. haben die jungen Männer verzichtet und es ist ein Segen! Entstanden ist eine charmante Herberge, in der man sich von der ersten Minute an wohlfühlt. Eine Leseecke unter dem Dach mit dicken Ledersesseln und alten Portraits an der Wand, ein am Tisch serviertes Frühstück, ein Klavier, Hotelsilber und weiße Tischwäsche – all das sind Dinge, die immer seltener werden und die mir ganz besonders aufgefallen sind.

Ganz besonders hat mich jedoch noch etwas anderes fasziniert: beim abendlichen Rundgang durch das Haus entdeckte ich neben dem Klavier eine kleine Hausbar. Sie bestand lediglich aus ein paar wenigen Flaschen:  Gin stand dabei und edle Brände aus der Region, ein paar Gläser. Daneben ein kleiner Notizblock. Ich schaute genauer hin und stellte fest: die Gäste hatten sich bedient und genau notiert, wer wann wieviel getrunken hatte. Mit einfachen Strichen war markiert, was abgerechnet war. Ich kann mich nicht erinnnern, wann ich zum letzten Mal so einen herzlichen Vertrauensbeweis gesehen habe, aber es ist lange her und eins steht fest: in solchen Mauern verbringe ich meine Zeit gern. Das macht Spaß und hat Stil.

Und sonst?

Die fünf Minuten Spaziergang bis in die romantischen Laubengänge und zu meinem Lieblingsrestaurant Sissi würden als Grund, Meran zu besuchen, reichen. Die Schönheit Südtirols, Palmen und schneebedeckte Gipfel dicht beieinander zu finden, sind es allemal!


Ottmanngut Meran

I-39012 Meran – Südtirol
Verdistraße 18
Tel. +39 0473 449656

→ ottmanngut.it/


Den Inhabern liegt eine umweltschonende Mobilität am Herzen. Wer mit dem Rad oder mit der Bahn anreist erhält 5% Reduktion auf den Zimmerpreis. Auf Anfrage kann man sich am Bahnhof abholen lassen.

 

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Charis
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1 Kommentar zu “Ottmanngut Meran | Stil bis in die Fingerspitzen

  1. Das ist eines der letzten Paradiese eines Tourismus für die Anderen, nicht die Prollmassen, die derzeit fürchterlich gekleidet Südtirol durchlatschen und in Badekleidung mit der Plastikwasserflasche in der Hand die Berge mit dem Freibad verwechseln. Vom Blitz getroffen, plötzlich eingeschneit und halb erfroren oder im Feld verstiegen müssen sich die Bergretter dann aufmachen um diese Plebs zu retten – man sollte sie da lassen, wo sie stranden! Pardon – ich meine es ja nicht so, nur ein bisschen. Also für die ist das Ottmangut natürlich nichts – die würden sich da nicht wohlfühlen. Dennoch erhebt sich die Grundfrage, ob man diese kleinen Paradiese nicht still für sich behalten und genießen sollte – aber das sagt hier einer, der mit seinen beiden Büchern über 88 kleine Paradiese in Südtirol selbst zum Verräter geworden ist. Das Ottmanngut ist sicher eines der schönsten davon und fast ist es nicht zu glauben, dass zwei junge Männer zusammen mit ihrem Vater diesem Haus neues Leben auch ohne Architekten und „Design“ eingehaucht haben. Kein blödes Frühstücksbuffet, kein fades Wellness und den Fernseher gut verhüllt – Gastronomie geht also auch anders. Charis hat die einmalige Atmosphäre gut sehr gut beschrieben!
    Andreas Gottlieb Hempel

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