Lebkuchenbäckerei Nagy Salzburg

Oh du fröhliche | Zu Besuch beim Lebzelter und Wachszieher

375b521d7235448bb3f6f33dd68ce3dfSalzburg. Kerzen macht der Kerzenmann und Lebkuchen kauft man beim Bäcker. So schlicht stellte ich mir diese Gewerke hervor und wäre im Traum nicht darauf gekommen, das Lebkuchenzelter und Wachszieher noch bis vor wenigen Jahren ein und derselbe Lehrberuf in Österreich waren. Sie gehörten direkt zusammen und wurden auch so vermittelt.

Wer die Geschichte durchdringen möchte und einen Handwerksbetrieb besuchen, der bis heute nach diesen Traditionen fertigt, der muss nach → Salzburg zur Familie Nagy.

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In Wachs getaucht

Das Familienunternehmen hat sich der traditionellen Herstellung von Lebkuchen und Kerzen verschrieben. Es taucht in Farben, gießt in Formen die bereits seit Generationen benutzt werden, bemalt und zieht auf alten Maschinen, diese dünnen langen Kerzen, die man aus katholischen Kirchen kennt. Unterschiedliche Lebkuchen werden je nach Saison gebacken und bemalt. Alles zu seiner Zeit, wie man es aus der Kindheit (vielleicht die älteren) noch kennt.

Die Kerzen sind besonders, denn bei Nagy achtet man bis heute auf Details. So haben die Kerzen wie früher ein Loch für den Docht des Kerzenhalters – eine Kleinigkeit, die ich aus meiner Kindheit kenne. Damals hatte das nahezu jede Kerze. Heute ist es so gut wie in Vergessenheit geraten. Ich war fast erschrocken, dass ich es so schnell komplett vergessen hatte.

Die Kerzen, die auf der Maschine gezogen werden, entstehen indem ein Docht unten durch ein heißes Wachsbad geführt wird. Wenn die Kerzen dick genug sind, schneidet man sie ab. Jetzt sind sie normalerweise fertig. Nicht aber bei Nagy, die in traditioneller Methode fertigen. Früher spitzte man die Kerzen nämlich noch an und auch hier kommt von unten ein Dochloch in die Kerze.

In der Werkstatt von Nagy lagern unendlich viele Wachsfarben und Grundstoffe um die Kerzen zu gießen. Sie liegen entweder in dicken Batzen in den Regalen oder sind geschmolzen in den zahlreichen aufheizbaren Tiegeln in den Werkstatträumen untergebracht.

Nicht nur normale Verbraucher, sondern Kirchen, Klöster und andere öffentliche Einrichtungen zählen zu den Kunden. Für diese kann es vorkommen, das sehr große und überdimensionierte Kerzen angefertigt werden. Um diese gießen zu können, behilft man sich mit ganz einfachen Mitteln: das Wachs wird einfach in ein Kanalrohr gegossen.  In den Sommermonaten wäre es nun fast unmöglich diese Kerzen aus dem Rohr herauszuholen, deswegen legen Nagys die Fertigung dieser Aufträge gern in den Winter. Dann ist ohnehin mehr Ruhe, denn die zeitraubende Herstellung der Lebzelten ist vorbei.

Elisabeth, eine der beiden Nagy-Schwestern führt uns durch die Räume. Im oberen Stockwerk, dort wo die Kerzen für Hochzeiten, Kommunionen und andere Feiertage mit Farbe, Wachs und Gold verziert werden, bleibt sie vor einem Regal stehen. Es ist eine riesige Sammlung alter Motivkerzen, die der Vater noch eigenhändig entwickelt und bemalt hat. Nach und nach kamen die Kerzen aus der Mode und ihre aufwendige Herstellung gerät mehr und mehr in Vergessenheit. Nun aber, in einer Zeit, in der das Handwerk wieder an Bedeutung gewinnt, sind die alten Motive und Formen möglicherweise bald wieder gefragt. Mir haben einige sehr gut gefallen.

Die Backstube – Das Paradies der Weihnachtswichtel

Wir gehen ein Stockwerk weiter und stehen in einer riesigen Backstube. Es ist April. In dieser Zeit interessiert sich kaum jemand für Lebkuchen, wenn sie nicht gerade in der Bratensosse landen sollen. Ein paar Wannen stehen herum, in denen Honigkuchenteig lagert. Nicht mehr lang hin und der Teig für die Lebkuchen im Winter muss vorbereitet werden, denn die Produktion beginnt früh und der Teig muss einige Zeit lagern. Auch einige Bleche mit den für die Region typischen Lebkuchenschiffteln stehen herum. Sie werden im Salzburger Land zu Fronleichnam verzehrt und müssen rechtzeitig gebacken werden. Noch sind sie knochenhart. Ich breche ein Stück ab und kaue darauf herum. Hm. Es schmeckt, aber für Lebkuchen ist gerade wirklich nicht die Zeit.

Lebzelter und Wachszieher – ein Berufsbild aus der Vergangenheit

Elisabeth erzählt uns unterdessen, dass ihre Schwester Ende der 80er Jahre eine der letzten war, die den Beruf des Lebkuchenzelters und Wachsziehers von Grund auf gelernt hat. Kurz darauf trennte man die Berufsbilder, die durch die Verwendung des Honigs in beiden Produkten so eng miteinander verbunden waren.

Die Familie Nagy wanderte 1879 von Ungarn aus nach Salzburg ein. Seit dieser Zeit betreibt die Familie eine Wachszieherei und Lebkuchenzelterei, gibt Rezepte, Tipps und Tricks von Generation zu Generation direkt an die Kinder weiter. Ursprünglich in der Linzergasse angesiedelt, wanderte sie im Jahr 2000 in neue Gebäude in der Sterneckstrasse um. Dort ist heute ein großer Laden und im Anschluss befinden sich die Fertigungsräume.

Ich habe die Lebkuchen zuhause noch einmal probiert und sie schmeckten wunderbar.

„Gott zur Ehr“ entdeckte ich auf einer dieser Wachsplatten in den Regalen. Vielleicht sollte das auch hier das Motto sein: Handwerk wie dieses geht für immer verloren, wenn wir es nicht pflegen und ehren. Schön wenn es sowas noch gibt. Für uns heißt das: Kaufen!


NAGY Lebkuchen- & Kerzenmanufaktur GmbH & Co KG

Geschäft und Produktion
Sterneckstraße 22
A 5020 Salzburg
Telefon: +43 662 874740-13

http://www.nagy.at

Öffnungszeiten
Mo – Fr 09:00 – 18:00 Uhr
Sa 09:00 – 13:00 Uhr
Parkplätze vorhanden!


Salzburg-Tourismus hatte mich eingeladen die Firma Nagy zu besichtigen. Danke!

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HOTELTIPP  Ein schönes Hotel in Salzburg ist das Hotel Goldgasse! ←

 

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Charis
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  1. Ja wirklich, wer weiß, dass heute schon, das Lebzelter und Wachszieher ein Handwerk war und sogar noch ist. Daher prima, dass du es in deinem Blog verfasst und die Familie Nagy hier vorstellst. Interessant auch, dass bereits Mitte des Jahres mit dem Lebkuchenteig begonnen wird, damit er einfach am gehaltvollsten zur Weihnachtszeit schmeckt :).

    Und die Lebkuchen..mmmh.. sehen zum Anbeißen lecker aus :). Man muss nicht mal bis nach Salzburg fahren, sondern kann es direkt bei Familie Nagy im Onlineshop kaufen. Super.
    Lieben Dank für deinen Bericht.
    Viele Grüße. Conny.

  2. Oh was für ein wunderschöner und herzerwärmender Artikel. Ich bin total darin eingetaucht und habe mich verzaubern lassen. Herzlichen Dank dafür.
    und wenn ich mal wieder nach Salzburg kommen sollte gehe ich ganz sicher dort vorbei. So ein Jesuskind aus Wachs hätte ich nur zu gerne-

  3. Irgendwie bekomme ich jetzt Appetit auf Lebkuchen! Ein sehr schöner Beitrag zum OutdoorAdvent! Dankeschön!

  4. Hi Charis, das ist ein wunderbarer Artikel. Schön geschrieben und die Fotos sind so toll. Ich finde solche handgemachten Produkte einfach schön, da ist die Liebe und die Energie eines Menschen drin. Fast alles was wir benutzen und essen ist von Maschinen gemacht. Ohne Seele. Und ohne Achtsamkeit.
    Es ist so wichtig solche Betriebe zu unterstützen. Ich bin ein großer Anhänger von Entschleunigung und Achtsamkeit in unserer Welt. Ich glaube das wir uns wieder viel mehr Zeit nehmen sollten für die Herstellung von Produkten.
    Was nützt dieser ganze Plastik-Müll der nur aus Gründen von „so viel und so schnell und so billig wie möglich“ produziert wird? Den Wert eines handgemachten Lebkuchenherzes oder eine liebevoll verzierten Kerze kann man einfach nicht mit Zahlen ausdrücken :-) Danke Dir für den schönen Artikel. LG Jürgen

    • Vielen Dank für Dein Lob, über das ich mich sehr freue.
      Ich finde wie Du, dass vielen Produkten die Seele fehlt und umso mehr freut es mich, wenn ich etwas entdecke, was anders ist.
      Dass zu zeigen und einen Teil dazu beizutragen, dass es vielleicht überleben kann, darin sehe ich auch meine Aufgabe als Blogger.

  5. Danke für diesen hochinteressanten Bericht, der ein Plädoyer für die Wiederbelebung, den Erhalt und die Unterstützung des Handwerks ist in einer Zeit, in der wir nur von vorgefertigten Massenprodukten leben – von der Politikermeinung bis zum Lebkuchen. Die Alpen sind der richtige Raum um alte Handwerkskunst weiterzuführen, von der Schnitzkunst über die bäuerliche Käserei bis zu Zelten etwa in Südtirol. Hingehen und Kaufen – das ist Unterstützung zum Überleben.
    Andreas

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