Tierser Alpl mit rotem Dach

Tierser Alpl (2.440 m): Wandere über die Rosszahnscharte zu prämierter Architektur

Aus Bergen und Architektur lässt sich ein Elixier mischen, das auf Lebenszeit süchtig macht. Ein Beispiel dafür ist das Tierser Alpl im Naturpark Schlern-Rosengarten. Wer den steilen Anstieg über die Rosszahnscharte (2.500 m) nicht scheut, wird mit einem kulinarischen und gestalterischen Bergerlebnis belohnt.

Das Schutzhaus Tierser Alpl thront auf 2.440 Metern über dem Meer in den Südtiroler Dolomiten. Das hoch in den Bergen gebaute Haus steht an einem Platz, an dem sich viele Wege kreuzen. Wer zu dieser Alpe wandert, dem stehen Au- und Abstiege in alle Himmelsrichtungen offen: zum Schlern, zu Langkofel und Plattkofel, zurück zur Seiser Alm oder auch zum Rosengarten.

Interessant ist die ungewöhnliche Geschichte des Tierser Alpls. Es lohnt sich aus unterschiedlichen Gründen hier eine Pause oder Übernachtung einzuplanen.

Auf der Wanderung zum Tierser Alpl
Auf der Wanderung zum Tierser Alpl – Berge so weit das Auge reicht, immer wieder malerisch in Wolken gehüllt oder bizarr vor blauem Himmel.

Mann in den Bergen: Max Aichner erbaut das Tierser Alpl

Den Grundstein für das weithin sichtbare und imposante Berghaus Tierser Alpl legt der Großvater der heutigen Besitzer: Max Aichner. In den 50ger Jahren beschließt der Bergführer seinen Lebensmittelpunkt ins Gebirge zu verlegen. Angespannte wirtschaftliche Verhältnisse und die Liebe zur Heimat lassen den jungen Südtiroler Unglaubliches vollbringen.

Nach einer Idee seines Bruders Franz, kauft Aichner der Gemeinde Tiers ein 200 Quadratmeter großes Landstück ab. In unwirtlicher Umgebung, auf knapp 2.500 Metern Seehöhe plant er ein Schutzhaus zu errichten. Mit purer Manneskraft schleppt Max Aichner über das Tschamintal die nötigen Werkzeuge und einige Baustoffe hinauf. Eine hölzerne Schubkarre, eine Schaufel und ein Pickel: so berichten es die heutigen Inhaber.

Noch heute ist aus den Baumaterialien des Hauses abzulesen, welche Baustoffe sich am leichtesten transportieren ließen. Und, was möglicherweise auf dem Boden rund um das Haus vorhanden war. Die Ziegel, die im Tierser Alpl verbaut wurden, sind aus dem Material, das rund ums Haus zu finden war und sind selber gebrannt.

Du kannst beim Wandern den Spuren von Max Aichner folgen: Es ist die Tour auf dem Weg Nr. 3. Sie führt in 3,5 Stunden über Tschamintal und Bärenloch zur Alpe. 

1963: Das Tierser Alpl eröffnet als Schutzhaus

1963 vollendet Max Aichner durch mühevolle Arbeit sein Werk. Nach fünf Jahren Bauzeit, weiht er das Tierser Alpl als Schutzhaus in den Bergen ein. Auf diese Ursprünge geht die Farbe des roten Daches zurück, die die markante Ansicht der Hütte bis heute prägt. Trotzdem gibt es Unterschiede. Das Dach war bei der Eröffnung noch sehr viel niedriger.

Die Anfänge für das „Bauen am Berg“ gehen Hand in Hand mit dem Beginn des Alpinismus. Geologen und Geographen bauten sich einfache Unterstände aus Stein und verfügbarem Material gegen Wetter und Natur. Daraus entwickelte sich letztlich der Tourismus in den Bergen, der später durch den Alpenverein reglementiert wird. Die Begründung: Die Erschließung der Alpen sei abgeschlossen.

Durch das Erstarken des Bergtourismus kommen immer mehr wanderfreudige Besucher in die Region. Max Aichner setzt seine Arbeit als Bergführer fort, inzwischen unterstützt durch seine Frau Laura. Ihr ist der 1986 eröffnete Laurenzi-Klettersteig gewidmet. Einen weiteren, den Maximilian-Klettersteig hatte Aichner bereits 1969 in Betrieb genommen.

Von nun an floriert das Geschäft. Das Schutzhaus, von Hand erbaut, wird erweitert und verbessert. Immer trägt es es das signifikante Dach, wie eine weithin sichtbare rote Haube. Nur einmal, mit dem Bau der Kapelle gibt es eine kurze Unterbrechung.


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Modernisierung 2013: Von der Berghütte zum Architektur-Highlight

Im Jahr 2012 kommt es zu statischen Problemen. Es fällt so viel Schnee, dass das Dach abgestützt werden muss. Da die Leitung der Hütte inzwischen bereits an die dritte Generation übergeben ist, entschließt man sich 2013 zum Umbau. Die Struktur des Tierser Alpl soll erhalten, Technik und Innenausbau jedoch modernen Maßstäben angepasst werden. Dafür werden die Südtiroler Architekten Senoner Tammerle aus Kastelruth engagiert. Sie sind auf das Bauen am Berg spezialisiert. Als Einheimische sind sie mit den besonderen Bedingungen der Region vertraut.

Durch Modifikation des Vorhandenen entsteht ein modernes Schutzhaus für 120 Gäste, das auf den ursprünglichen Grundmauern ruht. Und auch wenn Pächter und Architekt sich nicht in allen Punkten einig sind (die Architekten würden gern das ganze Haus rot anstreichen), sagt Hüttenwirt Stefan Perathoner später: „Der Umbau erleichtert die Arbeit am Berg“

Während man früher unter dem Dach nicht stehen konnte, werden beim Umbau raumspendende Gauben eingebaut. Es entstehen komfortable 2- und 4-Bettzimmer mit eigenen Waschgelegenheiten (welch Luxus in einer Hütte!). Die Abwasseranlage ist modernisiert und transportiert das Altwasser bis Bozen. Auch die große Gaststube ohne Stützen, die im Innenbereich über einhundert Gästen Platz bietet, ist ein Gewinn.

Zum Essen bleiben: Die gute Küche der Familie Perathoner

Motto „Was uns schmeckt, schmeckt auch unseren Gästen.“

Da die Tierser Hütte von der Seiser Alm in einer fordernden, aber zeitlich überschaubaren Wanderung zu erreichen ist, lohnt sich der Besuch mit und ohne Übernachtung. Wer bei schönem Wetter wandert, kann auf der sonnenüberfluteten Terrasse vor dem Alpl Platz nehmen und die Aussicht genießen. Das Essen schmeckt fantastisch. Von der deftigen Brotzeit mit Speck über Knödel und Gulasch bis zu wunderbaren Südtiroler Strudeln wird eine fantasievolle Küche serviert.

Die Wirtsleute legen großen Wert auf Regionalität. Das beginnt bei den Zutaten für die Speisen (Speck und Gemüse aus der nahen Umgebung). Und setzt sich beim Bier und Wein von Südtiroler Kellereien fort.

Tipp: An einem heißen Tag die hausgemachten Sirupe mit Mineralwasser probieren.

2015: Das Tierser Alpl gewinnt den Tourismus Architekturpreis

Im Jahr 2015 gewinnt das Schutzhaus Tierser Alpl den Tourismus Architekturpreis der Architekturstiftung Südtirol. Eine tolle Bestätigung für die Pächterfamilie, die viel Herzblut und Kraft in die Sanierung des Berghauses investiert hat. Die Anziehungskraft des Hauses mit dem signifikanten roten Dach ist bis heute ungebrochen.

So kommst Du hin: Von Kompatsch zum Tierser Alpl

Zuerst beschreibe ich, wie ich auf das Alpl gelaufen bin. Dann folgen in Kurzform weitere Varianten.

Die Wanderung beginnt in Kompatsch am Westrand der Seiser Alm (1.870 m). Wir haben den Sessellift zum Hotel Panorama am sogenannten Joch genommen. Von dort aus führen einfache Wanderwege auf Holzstegen über die malerische Seiser Alm. Wir nehmen den Weg Nr. 2. Die Landschaft ist wunderschön.

Mit dem Erreichen der Hänge des Grunser Bühels und des Goldknopfs wird es beschwerlicher. Ab hier geht es bergauf zum Fuß der Rosszahnscharte. Die bequemen, von Wiesen gesäumten, Wanderwege enden und  in steilen Serpentinen wird über Geröll empor gestiegen. Dieser Teil der Wanderung ist kräftezehrend und sollte nur mit viel Wasser, festem Schuhwerk und auf keinen Fall in praller Mittagssonne unternommen werden.

Angekommen an der Rosszahnscharte (2499 m) entfaltet sich ein traumhafter Ausblick auf das Panorama der Dolomiten. Kurz anhalten. Genießen. Das Schutzhaus Tierser Alpl ist nun schon sehr nah. Die Rosszahnscharte wird nach rechts verlassen und nach wenigen Minuten ist die Alpe schon zu sehen.

Länge der Wanderung: ein Weg ca. 2,5 Stunden. Je nach Kondition mehr. – Das Tierser Alpl ist ausschließlich in den Sommermonaten geöffnet. Eine Übernachtung ist vorher zu buchen.

Der Abstieg kann über den gleichen Weg erfolgen.

Wanderung auf der Seiser Alm
Wanderung auf der Seiser Alm

4 alternative Wanderrouten zum Tierser Alpl

Jede dieser Touren ist eine Hochgebirgstour. Es ist also unbedingt erforderlich entsprechend ausgerüstet zu sein. Bergschuhe mit gutem Profil, warme (Wechsel-)kleidung, eine Stirnlampe, ausreichend Wasser und etwas Verpflegung gehören also in jedem Fall ins Gepäck!

Seiser Alm – Weg Nr. 8

2,5 Stunden dauert die Tour von der Seiser Alm auf dem Weg Nr. 8 zum Almgasthof Tirler, über die Forststraße zum Dialer Kirchlein.

Sellajoch – Weg Nr. 4

Nimm den Weg Nr. 4 über den König Friedrich August Weg zur Plattkofelhütte. Weiter über „die Schneid“. Vier Stunden sollten eingeplant werden!

Campitello / Fassatal – Steig Nr. 532 und Weg Nr. 4

Drei Stunden dauert die Wanderung vom Fassatal über das Durontal zum Refugio Micheluzzi. Es folgt ein Steig (Nr. 532) und der Wanderweg Nr. 4. Dauer der Tour: ca. 3 Stunden.

Ab Tiers auf dem Weg Nr. 3

3, 5 Stunden dauert die Wanderung von Tiers / Tschaminschwaige durch das Tschamintal und dann weiter über das Bärenloch.

Mountainbike-Touren

Wer lieber mit dem Mountainbike unterwegs ist, hat zwei Möglichkeiten. Auf dem Weg Nr. 7 führt die Tour bis zur Mahlknechthütte. Von dort über das Dialer Kirchlein bis zum Tierser Alpl.

Oder die Fahrt beginnt im Durontal in Campitello und führt über das Durontal zum Rifugio Micheluzzi. Weiter über den Steig Nr. 532 und den Weg Nr. 4 zur Berghütte.

Schutzhaus Tierser Alpl

Rifugio Alpe di Tires

Fam. Judith und Stefan Perathoner
Ratzesweg 7
39040 Seis
www.tierseralpl.com

Architekten Senoner und Tammerle
www.senonertammerle.it/d_tierseralpl.html

Matrazenlager für 8, 10 oder 12 Personen. Kopfkissen und Decken vorhanden. Hüttenschlafsack obsolet.
Waschräume und Duschen sind im Haus vorhanden. Teilweise fallen Gebühren für die Nutzung an.
Außerdem: Zimmer für 2, 3, 4 oder 6 Personen und moderne 2er und 3er Zimmer mit eigener Dusche.
An kalten Tagen wird das Haus beheizt.

Klettersteige und Wanderungen rund um das Schutzhaus Tierser Alpl

Viele Wanderer bleiben über Nacht und brechen frühmorgens zu Tagestouren auf. Diese Touren eignen sich:

Laurenzi Klettersteig: Tierser Alpl – Molignon – Antermoja See – Eine Wanderung um die 7,5 h, die sich an erfahrene Bergsteiger richtet. Diese Route kann nur mit entsprechender Klettersteigausrüstung und bestenfalls einem Bergführer gemacht werden. Es besteht die Möglichkeit weiter zu wandern oder zum Ausgangsort zurückzukehren.

Maximilian Klettersteig: Tierser Alpl – Rosszahn – Roterdspitze – Tierser Alpl – Leichter bis mittelschwerer Klettersteig, der dennoch nur bei entsprechender Erfahrung und Ausrüstung allein unternommen werden sollte. Ein Rundweg, der in etwa 3,5 Stunden zu absolvieren ist.

3,5 h Wanderung zum Grasleiten: Über den Molignonpass zur Grasleitenhütte. Weiter über das Bärenloch und zum Start zurück.

4 h Wanderung zur Seiser Alm: Diese Tour führt über die Mahlknechthütte, Almrosenhütte zum Goldknopf und Retour zum Alpl.

5 h Höhenwanderung zum Schlern: Der Rückweg führt über die Saltnerhütte und die Rosszahnscharte

7 h Tageswanderung zum Antermoia See: Eine ausgedehnte Tour rund um den Kesselkogel und Molignonkamm zum See. Zurück über das Durontal.

8 h Tagestour zum Plattkofel: Anspruchsvolle Tageswanderung über die Schneid zur Plattkofelhütte, zum Gipfel und zurück über den Zollinger.

Hotels und Unterkünfte auf der Seiser Alm *



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Aktualisiert. Der Artikel erschien erstmalig am 14. Juli 2021.

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Charis
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