Um das Kärntner Nationalgebäck kennenzulernen, lohnt es sich die Region zu besuchen, verschiedene Reindlinge auf Wochenmärkten, in Cafés und Bäckereien zu probieren und sich dann von Locals die Zubereitung erklären zu lassen. So haben wir es mit diesem Original Kärntner Reindling Rezept gehalten.
Harald Taupe, Bäcker aus St. Veit an der Glan hat uns das Familienrezept verraten und viele wertvolle Tipps gegeben.
Ob du diese Mehlspeise, wie in Kärnten üblich, nur zu Ostern bäckst oder auch zu anderen Jahreszeiten servierst, bleibt ganz dir überlassen. Denn der Germteig besteht aus vier einfachen Zutaten, die zu jeder Jahreszeit erhältlich sind. Und auch die Füllung kannst du leicht den saisonalen Bedürfnissen anpassen.
Bäckermeister Taupe hat sich zum Ziel gesetzt, das „Kärntner Urgebäck“ als Ganzjahresgebäck zu etablieren. Machen wir es ihm nach!
Was macht den Kärntner Reindling so besonders?
Das Rezept für Taupes Kärntner Reindling basiert auf vier klassischen Zutaten für den Vorteig: Hefe, Zucker, Mehl und Milch. Dazu kommen für den Teig: Butter und Rahm, Eier, etwas Salz.
Die Füllung ist variabel. Sie reicht von süß mit Zucker und Zimt mit oder ohne Rumrosinen bis pikant mit Kürbiskernen und Kürbiskernöl oder mit italienischem Lardo.
Die wichtigste Zutat bleibt jedoch die Zeit, denn ohne eine vernünftige Reifezeit, ohne den Teig immer wieder ruhen zu lassen, entwickelt sich laut Bäcker Taupe kein Geschmack.
Original Kärntner Reindling nach dem Rezept von Taupes Genussschmiede
Dieses Rezept dürfen wir mit freundlicher Genehmigung von Bäckermeister Harald Taupe veröffentlichen. Es eignet sich für eine mittelgroße Reindlingform, das „Reindl“, eine aus Ton gebrannte Keramik. Wer eine große Reindlform verwendet, sollte die Zutaten verdoppeln. Alternativ kann auch eine Guglhupfform verwendet werden. (Vor- und Nachteile siehe unten).
Zutaten für Dampfl und Teig
60 g Weizenmehl Type 700 (700 steht für ein geringeren Ausmahlungsgrad)
60 g handwarme Milch
10 g Streuzucker
1 Würfel frische Hefe (25g)
440 g Weizenmehl Typ 700
6 g Salz
50 g Zucker
10 g Vanillezucker
20 g Rum
80 g Milch
80 g Schlagobers
100 g Butter
2 Eier
nach Geschmack:
Vanillezucker
Zitronenschalen
Rum
Klassische Zutaten für die Reindling-Füllung:
Zucker
Zimt
Rumrosinen
Varianten sind erlaubt!
Butterschmalz für die Form
Das sollte zu Hause vorhanden sein:
Schüssel, Nudelholz, Knethaken, Reindlingform oder eine andere Backform möglichst aus Keramik.
Wie gelingt der Kärntner Reindling? – Die Backanleitung von Bäckermeister Harald Taupe
1. Für das Dampfl (Vorteig) alle Zutaten in einer Schüssel mischen und an einem warmen Ort ca. 20 Minuten gehen lassen (mindestens 15, maximal 30 Minuten, je nach Wetter). Die Temperatur sollte 35 Grad nicht überschreiten. Also noch nicht in den Backofen geben.
Nun den Germteig fertigstellen:
2. Alle restlichen Zutaten zum Dampfl geben und darauf achten, dass alle Zutaten Zimmertemperatur haben. Alles zu einem geschmeidigen Teig verkneten. Am besten mit der Küchenmaschine auf niedrigster Stufe. Es dauert 10 bis 15 Minuten, bis sich der Teig vom Haken löst. Wer mehr Kraft hat, knetet den Reindling mit der Hand. Das macht auch mehr Spaß.
3. 10 Minuten „abrasten“ lassen. Die Zutaten wurden in Aufruhr gebracht, sollen zur Ruhe kommen.
4. Nach erneutem Kneten den Teig zu einer Kugel formen und in eine Schüssel geben. Zugedeckt wieder warm stellen. Noch einmal mindestens 25 Minuten (maximal 45 Min) gehen lassen. Dieser Prozess kann auch wiederholt werden. Der Teig soll eine elastische Konsistenz haben.
5. Mit einem Nudelholz wird der Hefeteig zu einem rechteckigen Fladen ausgerollt. Darauf wird die Zucker-Zimt-Mischung gleichmäßig verteilt und mit den Rumrosinen bestreut. Der „Fleck“ wird zu einem „Strutz“ aufgerollt und in eine mit Butterschmalz eingefettete Backform gelegt. Am besten in eine Reindlform aus Keramik.
6. Den Reindling in der Form 30 – 45 Minuten gehen lassen. Dann auf der untersten Schiene des Backofens backen. Noch heiß stürzen.
Ofentemperatur: 180 °C Ober/Unterhitze oder 160 °C Heißluft
Backzeit: Zwischen 65 und 80 Minuten
Wann und wie wird der Kärntner Reindling gegessen?
Traditionell ist dieses Hefegebäck in Kärnten ein wichtiger Bestandteil der Osterjause. Die Füllung wird je nach Familie und Geschmack individuell zubereitet. Meist werden Zucker, Zimt und (Rum)rosinen verwendet. Der fertige Reindling wird zur „Fleischweihe“ gebracht.
Diese findet am Ostersamstag in der Kirche statt und wird von einigen Bräuchen begleitet. So werden die Reindlinge zusammen mit den anderen Zutaten der Osterjause in einen Korb gelegt, der schön mit einem Tuch bedeckt ist. Wenn alles gut geht, steckt in dem Korb ein Palmzweig, den man vom letzten Sonntagsgottesdienst, dem Palmsonntag, mit nach Hause genommen hat. Der Pfarrer weiht die Körbe, die Jause wird gegessen und mit dem Palmzweig wird das Osterfeuer entzündet.
Zum süß gefüllten Reindling, der auch schon einen Tag alt sein darf, kommen Schinken, Selchfleisch, Zunge, Eier, Eierkren, Sauerfleisch, Aufstriche, also so ziemlich alles, was das Herz begehrt. Regeln gibt es keine. Nur reichlich und eine gelungene Mischung aus süß und salzig soll es sein. Das wurde uns an verschiedenen Orten in Kärnten immer wieder gerne erklärt. Die Kärntner:innen sind stolz auf dieses Nationalgebäck.
Reindling, Gubana, Potica?
Kärnten grenzt im Süden direkt an die Nachbarländer Slowenien und Italien. So ist es nicht verwunderlich, dass sich hier sehr ähnliche Essgewohnheiten entwickelt haben. Das slowenische Pendant zum Kärntner Reindling ist die gefüllte Potica. Sie ist in Kärnten sehr häufig anzutreffen. Mit Nüssen gefüllte Potizen sind gebackene Hefeteigrollen, die oft auf Bauernmärkten wie dem Benediktinermarkt in Klagenfurt angeboten werden.
Die Gubana stammt aus dem Friaul (Italien) und ist ebenfalls ein Hefegebäck. Sie enthält mehr Nüsse. Ansonsten erinnert es an den für Italien so typischen Panettone. Probieren lohnt sich.
Taupes Genussschmiede, Bäckermeister Harald Taupe und der Kärntner Reindling: Eine Erfolgsgeschichte
„Wir nehmen uns schon immer sehr viel Zeit für Lebensmittel, denn nur über Zeit und Reife, bekommt man den Geschmack hinein.“
Harald Taupe, aufgewachsen in einer Bäckerfamilie in Brückl in Mittelkärnten, begrüßt uns in Jeans und kariertem Hemd. Kein Mehlstaub, keine Müdigkeit vom frühen Aufstehen. Bäcker Taupe wirkt ausgeschlafen und nimmt sich Zeit. Wir sitzen vor seinem Café im Zentrum von St.Veit an der Glan, dass er „Taupes Genusschmiede“ getauft hat. Ein Ort, der fast ausschließlich dem hausgebackenem Kärntner Reindling und frisch geröstetem Kaffee geweiht ist. Und das kam so:
Die Großeltern Taupe betrieben in Brückl eine traditionelle Mühle. Die Sägemühle, in der auch Mehl gemahlen wurde, war flankiert von einer Schmiede, in der Pferde beschlagen wurden. Harald Taupes Vater, Baldur Taupe, war der erste Bäckermeister der Familie. Und so spielten traditionelles Handwerk und Kärntner Genussmittel schon frühzeitig eine wichtige Rolle im Leben des Kärntners. Die Familiengeschichte ist der Grund, wieso sein eigenes Unternehmen den Namen „Taupes Genussschmiede“ trägt.
Harald Taupe hat sich zum Ziel gesetzt den Kärntner Reindling, der traditionell nur zu Ostern gegessen wurde, als Ganzjahresprodukt zu positionieren. Eine Idee mit der er nicht alleine ist, denn wer auf dem Klagenfurter Benediktinermarkt, auf Hotelbuffets oder in anderen Bäckereien schaut, wird dem Reindling an vielen Orten und zu nahezu jeder Zeit begegnen.
Taupes Café ist von Montag bis Samstag geöffnet, doch gebacken wird nur bis zum Freitag. „Wir verkaufen nie einen frisch gebackenen Reindling.“ sagt der Bäckermeister. Und folgt damit seiner Philosophie, dass die wichtigste Zutat Ruhe ist: „Wir backen mit wenig Temperatur sehr lang. Und geben dem Gebäck Zeit zum Auskühlen.“
Eine Prämisse, die ihn auch als Kaffeeröster als eine der ersten Adressen am Platz ausmacht.
Taupes Genussschmiede
Unterer Platz 4
A 9300 St. Veit an der Glan
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Taupes Genussbar
10.-Oktober-Straße 8
A 9371 Brückl
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Das Geheimnis der Backform: Keramik Polzer töpfert Reindl-Formen
Lange Zeit wurde der Reindling in einer schwarzen Eisenform gebacken. Das Schwarzblech war etwa 5 mm dick und hatte den Vorteil, die Hitze sehr gleichmäßig zu verteilen. Auch wenn es noch einige teils bis zu einhundert Jahre alte Formen gibt, für den täglichen Gebrauch eignen sie sich nicht mehr. Und die modernen aus Aluminium oder Silikon gegossenen Formen, bringen selten das gewünschte Ergebnis.
Eine wieder modern gewordene Alternative sind Keramikformen, die in verschiedenen Kärntner Töpferwerkstätten hergestellt werden.
Gerhild Polzer, von der Keramikwerkstatt Polzer in Knappenberg beschreibt den Vorteil so: „Die Form erhitzt sich langsam, gibt die Temperatur dann aber sehr gleichmäßig nach innen ab.“ So kann der Reindling langsam fertig backen und eine schöne Kruste entwickeln. Außerdem ist Ton ein natürlicher Rohstoff. Die Formen sind so umweltfreundlicher als ein beschichtetes oder aus Kunststoff hergestelltes Pendant.
Die unterschiedlichen Ausführungen der Reindlform mit oder ohne Spitz in der Mitte, haben praktische Gründe. Die Form mit Spitz wurde zum Beispiel für Hochzeiten gebacken. So konnte das Gebäck mit Bändern und anderen Ziergegenständen dekoriert werden.
Keramik Polzer
Familie Polzer
Knappenberg 31
9376 Knappenberg
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