Vögel zwitschern. Im Garten vor dem Haus sind Schritte zu hören, die vorsichtig über den Kies laufen. Ein leises Tellerklappern. Bis in den zweiten Stock ist zu spüren, dass hier niemand in seinem Schlaf gestört werden soll. So erwacht man im Ottmanngut Meran.
Kurz und knapp: Ottmanngut Meran
Ottmanngut Meran
I 39012 Meran – Südtirol
Verdistraße 18
Tel. +39 0473 449656
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Das Ottmanngut ist ein Bed & Breakfast ohne Restaurant. Dafür ist das Frühstück ein umso größeres Erlebnis. Selbst gekochte Marmeladen, frisches Brot aus der Slow Food Bäckerei Forno und andere Südtiroler Spezialitäten werden am Tisch serviert.
Das Ottmanngut Meran hat elf individuell eingerichtete Zimmer mit historischen Möbeln, Der Mix aus Tradition und Modernität macht aus dem Haus ein zeitgenössisches und hippes Mountain Hideway für Weltenbummler jeden Alters.
Es eignet sich besonders für Paare und Alleinreisende.
Ankommen: Ein Morgen im Ottmanngut Meran
Ich schlage die weiße Bettdecke zur Seite und laufe barfuß über die warmen Holzdielen ins Bad. Der Boden ist sorgfältig geschliffen. Ich spüre die Dellen im Holz und kann das Alter förmlich fühlen. Die Badezimmertür knarrt. Es ist ein vertrautes Geräusch.
Nachdem die weißen Leinenvorhänge zur Seite geschoben sind, öffne ich die Riegel der dunkelgrünen Fensterläden. Ihre Lamellen können wie früher auf und zugeschoben werden. Ich spiele daran herum. Wie lange habe ich das nicht mehr gemacht.
Am Abend hat es heftig geregnet. Der Blick in den üppig zugewachsenen Garten wirkt beruhigend auf mich. Die Nachbarhäuser sind hinter viel Grün versteckt und kaum erkennbar. In der Ferne steht der Meraner Kirchturm, dessen Glockenschlag nun sanft den Sonntag einläutet. Die Hanfpalmen, welche seit 1878 in Südtirol angesiedelt sind, Zitrussträucher, Oleander, Hortensien und Lilien schenken dem Garten ein mediterranes Flair. Unter großen hellen Schirmen wartet das Frühstück auf hübsch eingedeckten Gartentischen auf die Gäste des Hauses, also auch auf uns. Später!
Das Wasmann-Zimmer im Ottmanngut
Ich genieße die morgendliche Stille des einstigen Gutshauses. Unser Zimmer ist nach Friedrich Wasmann (1805-1886) benannt, einem Hamburger Maler, der den vor mir liegenden Garten bei einem seiner Aufenthalte in Meran gezeichnet hat. Eine Kopie dieses Bildes hängt gegenüber an der Wand. Blicke aus dem Fenster sind ein wiederkehrendes Motiv in seinen Werken. Seine Liebe zu Meran und die häufige Rückkehr, kann ich gut verstehen.
Das historische Mobiliar des Wasmann-Zimmers ist im josephinischen Stil. Wie alle Zimmer des Ottmanngutes prägen hochwertige Stoffe, Holz und liebevolle Details das Ambiente. Einen Fernseher gibt es auch, weil vor allem italienische Gäste sehr viel Wert darauf legen. Dass er jedoch unter einem Leinenbezug auf einer Staffelei versteckt ist, spiegelt den Witz und die Findigkeit der jungen Eigentümer hervorragend wieder.
Auf einer Kommode steht Meraner Mineralwasser von der Vigiliusquelle bereit. Es hat Zimmertemperatur, weil auf einen Kühlschrank verzichtet wurde. Dafür stehen Gläser auf einem süßen Spitzendeckchen daneben und eine kleine Flasche Wein. Die werden wir später trinken…
Das Ottmanngut Meran: Ein Haus mit Geschichte
Die Ursprünge des Ottmanngutes liegen im 13. Jahrhundert. Dass es lange Zeit ein landwirtschaftlicher Betrieb war, ist heute kaum mehr vorstellbar. Nur die Weingärten, die sich hinter dem Haus hoch bis zum Meraner Tappeinerweg ziehen und aus denen u.a. der köstliche Wein des Ottmanguts gekeltert wird, erinnern noch daran. Auf der Talseite, wo sich früher Felder befanden, stehen heute Häuser.
Das Haus befindet sich in der vierten Generation im Besitz der Familie Kirchlechner und liegt zentrumsnah, aber verkehrsberuhigt im inneren Stadtbereich von Meran. Die Großmutter der jetzigen Inhaber, Martha Knoll Kirchlechner, hat in den heute komplett renovierten Räumen bereits über dreißig Jahre lang Gäste bewirtet. Dass Martha bis heute sehr verehrt wird, zeigt das goldgerahmte Bild über dem kleinen Schreibtisch, der als Rezeption dient.
Die Gastgeber: Martin Kirchlechner und Katharina Flöss
2010 wechselte das Haus in jüngere Hände. Clemens und Martin Kirchlechner renovierten das Ottmanngut von Grund auf. Neun individuelle Zimmer entstanden, die teilweise mit Originalmöbeln, teils mit Antiquitäten aus der Familie der Inhaber oder auch mit sorgfältig ausgewählten Flohmarktkäufen eingerichtet sind.
Viele Details und Zeichen lassen spüren, dass die junge Generation etwas Besonderes schaffen wollte, ohne die Wurzeln zu verleugnen. Und das ist ihnen mit Bravour gelungen: Kein Zimmer gleicht dem anderen und jedes trägt einen eigenen Namen, der für den Charakter steht.
Inzwischen hat sich die Zahl der Zimmer auf elf erhöht und Martin führt das Haus mit seiner Lebensgefährtin Katharina Flöss. Doch die ursprünglichen Leitmotive haben sich kaum verändert. Eine zurückhaltende, aber stets bemühte Freundlichkeit schenkt allen Gästen das Gefühl willkommen zu sein. Am Morgen gibt es ein am Tisch serviertes Frühstück mit Zutaten aus der Region und so oft sie können, laden die Gastgeber Künstler, befreundete Köche und andere Kreative ein. Es gibt Feste, Musikabende, Workshops und Koch-Events.
Meraner Gartenidylle: Unter Palmen chillen im Ottmanngut Meran
Zum Ottmanngut gehört ein großer Garten, in dem man wunderbar frühstücken und tagsüber entspannen kann. Es ist herrlich im Schatten der Bäume auf einer Liege zu chillen und ein Buch zu lesen. An heißen Tagen sorgt eine Gartendusche für die nötige Abkühlung. Waldbaden statt Wellnessoase. Für eine Slow Travel Destination genau der richtige Weg.
Die alte Orangerie im Garten des Hauses ist verglast. Verwunschen geht es kleine Wege hinauf, denn direkt hinter dem Haus beginnt der Weinberg, aus dem die Kirchlechners einen eigenen Wein keltern.
Das Ottmanngut Meran ist ein Ort der Tradition und trotzdem urban und modern. Auf Lifte, Klimaanlagen oder Swimmingpool wurde verzichtet. So entstand eine charmante Herberge, in der man sich von der ersten Minute an wohl fühlt. Eine Leseecke unter dem Dach mit dicken Ledersesseln und alten Portraits an der Wand, ein am Tisch serviertes Frühstück, ein Klavier, Hotelsilber und weiße Tischwäsche – all das sind Dinge, die immer seltener werden und die mir ganz besonders aufgefallen sind.
Das hat mir gefallen
Beim abendlichen Spaziergang durch das Haus entdeckte ich neben dem Klavier eine Hausbar. Sie bestand aus ein paar wenigen Flaschen: Gin stand dabei und edle Südtiroler Brände, ein paar Gläser. Daneben ein kleiner Notizblock. Ich schaute genauer hin und stellte fest: die Gäste hatten sich bedient und genau notiert, wer wann wieviel getrunken hatte. Ein Name, ein paar Striche, mehr ist dafür nicht nötig. Ich überlegte, wann ich zum letzten Mal einen so herzlichen Vertrauensbeweis bemerkt hatte.
Was ist los in Meran?
Die fünf Minuten Spaziergang bis in die romantischen Laubengänge und zum Restaurant Sissi würden als Grund, Meran zu besuchen, reichen. Die Schönheit Südtirols, Palmen und schneebedeckte Gipfel dicht beieinander zu finden, sind es allemal.
Den Inhabern liegt eine umweltschonende Mobilität am Herzen. Wer mit dem Rad oder mit der Bahn anreist erhält 5% Reduktion auf den Zimmerpreis. Auf Anfrage kann man sich am Bahnhof abholen lassen.
Aktualisiert. Der Artikel erschien erstmalig am 25. Jul. 2015.
Fein stilisiertes und dabei individuelles Frühstück bleibt mir in Erinnerung – haben wir in dieser Weise nirgendwo sonst erlebt.
Das ist eines der letzten Paradiese eines Tourismus für die Anderen, nicht die Prollmassen, die derzeit fürchterlich gekleidet Südtirol durchlatschen und in Badekleidung mit der Plastikwasserflasche in der Hand die Berge mit dem Freibad verwechseln. Vom Blitz getroffen, plötzlich eingeschneit und halb erfroren oder im Feld verstiegen müssen sich die Bergretter dann aufmachen um diese Plebs zu retten – man sollte sie da lassen, wo sie stranden! Pardon – ich meine es ja nicht so, nur ein bisschen. Also für die ist das Ottmangut natürlich nichts – die würden sich da nicht wohlfühlen. Dennoch erhebt sich die Grundfrage, ob man diese kleinen Paradiese nicht still für sich behalten und genießen sollte – aber das sagt hier einer, der mit seinen beiden Büchern über 88 kleine Paradiese in Südtirol selbst zum Verräter geworden ist. Das Ottmanngut ist sicher eines der schönsten davon und fast ist es nicht zu glauben, dass zwei junge Männer zusammen mit ihrem Vater diesem Haus neues Leben auch ohne Architekten und „Design“ eingehaucht haben. Kein blödes Frühstücksbuffet, kein fades Wellness und den Fernseher gut verhüllt – Gastronomie geht also auch anders. Charis hat die einmalige Atmosphäre gut sehr gut beschrieben!
Andreas Gottlieb Hempel